Franzis Schulze
Da
liegen die verschiedensten Muscheln, solche, die auch ich in jungen Jahren am
Strand gefunden habe.
Muscheln
sind langsam gewachsen, jede nach ihrer Art, einige leicht zerbrechlich, andere
besonders widerstandsfähig, einige einfach und bescheiden in Form und Ausführung,
andere besonders üppig, wie ein kostbar hergestelltes Schmuckstück.
Hier
werden die verschiedenen Muscheln zum Abbild der verschiedenen Lebenslagen der
Menschen. „Lebens-Lage“ sagt aus, dass jeder Mensch für sich eine eigene,
besondere Lage vorfindet, manchmal einfach, recht bescheiden, manchmal besonders
gut ausgestattet und gepolstert.
Die
Lebenslage mag sich verändern im Lauf des Lebens: Der Mensch selber kann ja so
einiges ändern. Aber heute, jetzt, ist die Lebenslage so, wie sie ist, und
nicht anders.
Was
lehren uns die „Mönche im Meer“, die Mönche je in ihrer eigenen Muschel?
Sie
akzeptieren die Form und Eigenart ihrer Muschel, so, wie sie ist. Sie passen
sich ihr an und kämpfen nicht gegen sie, sie geben sich ihr hin.
Dadurch
gewinnen sie eine größtmögliche Freiheit.
Sie können ihre ganze
Aufmerksamkeit, ihr Hören und Sehen, ihr Staunen und Empfinden auf das richten,
was ihnen begegnet. Und auf den, der ihnen begegnen möchte.
Es
könnte sein, dass im Herzen der „Mönche im Meer“ eine wunderschöne Perle
wächst. Zur Freude aller.
Herbert
Schoppmann
Im
weiten Blick auf das Unverstellte zeigt das Meer, was Entgrenzung sein kann und
wir stehen hinaus, ohne dass ein Gegenstand entgegensteht. In der Erfahrung der
Leere als Abwesenheit von Abwechslung und Zerstreuung zeigt sie sich
gleichzeitig als Möglichkeit von Fülle des jeweils Anderen, noch nicht
Bekannten.So wiederholt sich der Pendelschlag von viel und wenig im leisen
Wellengang, dessen Wiederholung zum Mantra einer zeitlosen Ewigkeit wird. Das Mönchische
ereignet sich, kommt über einen und wächst über die Erfahrung des Ich-Seins
hinaus zu einem kosmischen Erlebnis von Verschmelzung, wobei der ferne Horizont
wie eine Demarkationslinie zwischen Diesseits und Jenseits erscheint, die sich
wie ein Appell zu dessen Überschreitung ausnimmt. Die Wasserfläche ist Weg,
der nach hinten führt und einem trotzdem entgegenkommt. Der Blick schweift in
die Ferne und wird gleichsam zurückgespült. Mit der Ahnung von Ferne
aufgeladen kehrt er in uns zurück, um sich abermals ins Weite zu ergießen. Im
Kreislauf zwischen Innen und Außen, zwischen Nähe und Weite, läutert sich der
Hinausstehende im Sinne einer Transzendenz zwischen Vergessen und
Wiedererinnern. Die Abwesenheit der Vielen verstärkt die Anwesenheit des
Einzelnen, der sich selbst in unendlicher Raumerweiterung vergrößert. Er
erkennt seine eigene unbegrenzte Innenraumerfahrung in der Parallele des
entgrenzten Außenraums, der zum Abbild introspektiver Visionen wird, die sich
in der Landschaft materialisieren, um sich im gleichen Moment zu vergeistigen
und so die Schnittstelle zwischen Materie und Geist verwischen.Die Figuren von
Angelika Schlüter variieren das Motiv des Mönches und nehmen dessen Fragilität
im Gegenüber von Gewalten auf. In ihrem Verzicht auf die Details muskulärer Körperlichkeit
werden sie zu einem Synonym entkörperlichter Grenzerfahrung und zeigen sich
doch als tapfere Fahrensleute in einem Meer von Unwägbarkeiten. Die
vermeintlichen Schutzräume sind allesamt offen. Ihre stete Durchlässigkeit ist
Behausung im Sinne einer Mobilie, die sich nicht fest verortet, sondern das
Unterwegssein zum Prinzip
macht.
Sie sind eine Betonung des Dazwischen und durchströmen den Raum des
Immateriellen.
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